Politische Grundlage: WHO Ottawa Charta
Während im klassischen Arbeitsschutz externe Expert:innen nach Gesundheitsrisiken suchen, die abzustellen oder zu minimieren sind, basiert betriebliche Gesundheitsförderung auf dem Prinzip der Selbstbestimmung und Befähigung von Menschen. In diesem Konzept werden sie darin unterstützt, ihre eigene Gesundheitssituation zu reflektieren und arbeitsbedingte Belastungen zu identifizieren. Sie erhalten Hilfestellung, um ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu entwickeln und zu Expert:innen der eigenen Gesundheit zu werden. Grundlage dieser Betrachtungsweise ist die Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung der WHO von 1986.
„Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ (WHO 1986: Ottawa Charta)
Die Basis der Gesundheitsförderung: Konzept der Salutogenese
Das Konzept der Salutogenese untersucht, wie es Menschen – trotz widriger Umstände – möglich ist, gesund zu bleiben oder wenn sie krank sind, wieder gesund zu werden. Gesundheit erfordert es, sich immerwährend und tagtäglich neu mit den externen und internen Anforderungen, die das Leben mit sich bringt, auseinanderzusetzen. Das ist dann besonders erfolgreich, wenn es den Menschen gelingt, die eigenen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu mobilisieren. Was wiederum davon abhängig ist, ob die Anforderungen als „sinnhaft“, „verstehbar“ und „handhabbar“ erlebt werden. Zusammen bilden diese drei Dimensionen das sog. „Kohärenzgefühl“. Als Kohärenzgefühl (Antonovsky) wird eine Art Vertrauen bzw. Grundhaltung des Menschen bezeichnet, mit den allgemeinen Herausforderungen des Lebens umgehen zu können. Das Konzept der Salutogenese geht davon aus, dass Gesundheit und Krankheit sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern man sich immer auf einem Kontinuum zwischen „gesund“ und „krank“ befindet. D.h. Personen können beispielsweise eine chronische Erkrankung haben, sich aber trotzdem gesund und arbeitsfähig fühlen und umgekehrt.
Gesundheit im Betrieb: betriebliche Gesundheitsförderung
Menschen verbringen einen Großteil ihres Lebens auf der Arbeit und werden dort mit zahlreichen Anforderungen konfrontiert. Arbeit ist dann gesundheitsförderlich, wenn sie als sinnvoll, verstehbar und handhabbar erlebt wird (siehe Konzept der Salutogenese). Die Arbeitsbedingungen sollten daher durch den Arbeitgebenden entsprechend so gestaltet werden.
Darüber hinaus sollten Beschäftigte auch am Arbeitsplatz die Möglichkeit haben müssen, sich für ihre Gesundheit einzusetzen (siehe Prinzip der Ottawa Charta). Dies funktioniert jedoch nur, indem die Mitarbeitenden in die konkrete Gestaltung von Arbeit aktiv mit einbezogen – also beteiligt werden. Die Wichtigkeit dessen haben Unternehmen erkannt und in der sog. „Luxemburger Deklaration“ von 1997, Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) zu einer Unternehmensstrategie erklärt, um „physischen und psychischen Krankheiten am Arbeitsplatz vorzubeugen, Gesundheitspotenziale zu stärken und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern“ (Luxemburger Deklaration, 1997). BGF stärkt jedoch nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern führt dadurch auch auf Seiten des Arbeitgebenden zu einer Senkung der krankheitsbedingten Kosten und zu einer Verbesserung der Motivation und Arbeitsmoral der Beschäftigten, sowie einer damit verbundenen Steigerung der Produktivität.